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Gamswild


Gamswild

(Rupicapra rupicapra)


Die Gams ist das wohl populärste Bergtier. «Alpengams» ist die Bezeichnung für die Gämsen die im europäischen Alpenraum leben. Mit dem viel gehörten Ausdruck «Gamsbock» ist das männliche Gams und mit «Gamsgeiss» die weibliche Gams gemeint. Mit dem Begriff «Jährling» ist die Bezeichnung für einen einjährigen Gams. Kraft, Eleganz und Geschmeidigkeit dominieren ihren Körperbau. Die Stärken der Gams sind ihre Wachsamkeit, Beweglichkeit und Ausdauer. Die aussichtsreiche Flucht dank Überlegenheit in der Überwindung von schwierigem Gelände und die genannten Stärken haben wahrscheinlich verhindert, dass die Gämse – nicht wie Steinbock und Rothirsch in vielen Ländern ausgerottet wurde. Die Gams ist heute im ganzen Alpenraum vertreten. Darüber hinaus kommt sie auch in den Voralpen, auf den Jurahöhen und in Form von inselartigen Kolonien sogar im Mittelland vor. Sie ist im ganzen Alpstein, den Churfirsten und über den Sommerberg – Landmark – Goldachtobel bis nach Mörschwil vertreten. Der Gamsbestand in den Alpen und angrenzenden Gebirgen ist heute zirka 440'000. Etwa ein Fünftel aller Gämsen zirka 90'000 leben in der Schweiz. Gämsen vermögen zudem einen einmal verlorenen Lebensraum zurückzugewinnen. Die Ausbreitungstendenz stösst dort an Grenzen, wo steile und felsige Rückzugsgebiete vollständig fehlen. Der Gamsbestand ist im gesamten Alpenraum rückläufig. Die Einflussfaktoren auf die Gamspopulation sind: die Jagd, dieser Faktor wird durch die Jagdplanung direkt beeinflusst. 

Die Lebensraumqualität, sie definiert sich hauptsächlich an qualitativ guter Nahrung, strenge Winter und langfristig sicher auch der Klimawandel haben hier Einfluss. Störungen durch Freizeitaktivitäten in Einstandsgebieten (Lebensraum-Aufenthaltsgebiet) der Gämsen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Dies kann zu einer körperlichen Verschlechterung und zu Lebensraumverlust führen. Interspezifische Konkurrenz, es ist belegt, dass unbehirtete Schafe die Gämsen aus ihren Einständen verdrängen. In den Wintereinständen der Gams werden Rothirsch und der Steinbock zu «Konkurrenten» da sich hier die Lebensräume überschneiden. Grossraubtiere wie Luchs im Besonderen haben Einfluss auf die Gamsbestände und mit zunehmendem Masse auch die Verbreitung des Wolfes im gesamten Alpenraum. Krankheitsausbrüche wie die Gamsblindheit haben lokal zu starken Einbrüchen geführt. Auf die ganze Schweiz hinweg ist die ein untergeordneter Faktor. Der Lebensraum der Gams reicht vom oberen Waldgürtel und den angrenzenden alpinen Weiden bis hinauf zu den Gipfeln. Anderseits entlang von Schluchten und Felsen bis hinunter in die Talsohle, Jahreszeit und Nahrungsangebot bestimmen die bevorzugte Geländestufe. Spät im Frühling sind Gams in den tiefsten Lagen anzutreffen. Sie folgen dann weichenden Schneegrenze und dem spriessenden Grün, um im Spätsommer bis auf 3000 Meter zu klettern. Bei Wintereinbruch suchen sie wieder den Waldgürtel auf.


Die Gams weist eine horizontale Rückenlinie auf. Ihr gedrungener Körper ruht auf kräftigen, relativ langen, in den Unterarm und Unterschenkel stark gewinkelten Beinen. Dieser Körperbau hilft ihr damit sie sich sehr schnell bergaufwärts bewegen kann. Auch bergabwärts flüchtet sie schnell. Ihr Fortbewegungs- und «Kletterapparat» ist ein biotechnisches Wunderding. Die Gelenke an den Läufen sind extrem beweglich. Ihre paarigen Schalen sind an den Sohlen hartgummiartig, plastisch, passen sich so den Unebenheiten des Bodens an, während ihre Hornwände hart sind und die weichere Sohle leistenartig überragen und so im steilen felsigen Gelände als «Rutschbremse wirken. Auf steilen, rutschigen Grashängen kann die Gams die hinten an den Läufen sitzenden, abwärts gerichteten, paarigen Afterklauen für ein sicheres Fortbewegen einsetzen.

Die Gams ist ein Wiederkäuer. Sie äst von Tagesanbruch bis in den Vormittag hinein und abends bis in die Dämmerung. Zum Wiederkäuen zieht sie sich in die sichere Deckung zurück. Im Frühling trifft man praktisch zu jeder Tageszeit äsende Gämsen. Es geht darum nach dem kargen Nahrungsangebot des Winters neue Körperaufbaustoffe in grossen Mengen zu sich zu nehmen. Im Frühling und Herbst wechselt das Gams sein Fell. Sie imponiert durch ihre halbmaskenhafte Kopfzeichnung, den schwarzen Aalstrich über den Rücken und den weissen Spiegel. Im Sommer ist das Fell dünn und braun. Im Winterkleid ist es mit kurzen Woll- und langen schwarzen Deckhaaren bestückt. Dadurch heben sich die hellen Partien an Kopf und Spiegel signalartig ab. Der sogenannte Gamsbart trägt die Gams nicht wie Ziegen am Kinn, sondern am Rücken es ist der schwarze Aalstrich. Die schwarzen Deckhaare des Aalstrichs werden im Herbst nicht gewechselt und wachsen bis im Dezember. Besonders lang bis zwanzig Zentimeter spriesst dieser Bart bei Böcken im besten Alter. Beim weiblichen Gams den Geissen, den Jungtieren und Altböcken ist der Gamsbart weniger markant. Reife Böcke erkennt man auch am Pinsel, dem langen Haarbüschel am männlichen Geschlechtsteil, welches unten an der Bauchdecke sichtbar ist.

Das Gehörn der Gams, Krucken oder Krickel genannt wird von beiden Tieren getragen. Die Rückwärtskrümmung der Krickel wird in den ersten zwei Lebensjahren angelegt. Das Längenwachstum erfolgt von der Basis her. Dieses Wachstum ist in den ersten drei Lebensjahren sehr stark, besonders im zweiten Lebensjahr. Im vierten und fünften Lebensjahr nimmt der Zuwachs rapide ab und beträgt ab dem sechsten nur noch Millimeter. Im Winter ist das Wachstum der Krickel unterbrochen. So bilden sich Furchen. Der darauffolgende Wachstumsschub wird als «Jahrring» bezeichnet. Beides Furchen und Jahrringe ermöglichen eine Altersbestimmung, exakt jedoch nur am erlegten Tier. Denn auf Distanz lassen sie sich schlecht ablesen, ausser im Kitz- und Jährlingsalter. Diese Jungtiere sind jedoch auch sonst gut erkennbar. Die Krickel der Böcke sind stärker und deutlich gekrümmt, während jene der Geissen dünner und weniger gekrümmt (gehackelt) sind. Die Böcke sind massiger und schwerer als die Geissen.


Die Paarungszeit, Brunft genannt findet im November / Dezember statt. Jungböcke bleiben aber meist durch die Anwesenheit älterer Böcke von der Brunft ausgeschlossen. Die alten Platzböcke verteidigen die Geissrudel. Dadurch wird die Brunft für die Geissen ruhig. Zu Beginn der Brunft kann man oft wilde Hetzjagden zwischen Platzböcken, die ihre Territorien besetzen und gegen eindringende Konkurrenten verteidigen, beobachten. 

Die Gamsgeiss setzt in der Regel in einem Alter mit drei Jahren, nach einer Tragzeit von 23-26 Wochen Ende Mai anfangs Juni ihr Kitz, selten Zwillinge. Die Kitze werden etwa 6 Monate gesäugt. Die Kitze sind dann weiterhin noch auf die Führung der Muttertiere angewiesen. Diese Geissen mit ihren Kitzen bilden etwa 1 Woche nach dem Setzen Geiss-Kitzrudel, denen sich später mehrheitlich die Jährlings Geissen zugesellen. In dieser Zeit bilden sich Rudel jüngerer Böcke. Im Juli August wird bei den Böcken die Rangordnung festgelegt. Wie bereits zu Beginn des Berichtes beschrieben führen intensive Freizeitaktivitäten zu Störungen des Gamswildes. Diese besonders in winterlichen Einstandsgebieten des Gamswildes. Dies kann zu schwerwiegenden Energieengpässen führen, welche im Winter im schlimmsten Fall zum Tode führen können. Durch eine seriöse Planung von Touren mit Hilfe des Geoportals auf dem auch Wildruhezonen und Wildtierschutzgebiete ersichtlich sind, können Störungen minimiert werden. Dazu wird beschrieben, wie man sich in solchen Gebieten verhalten soll. Dies hilft besonders im Winter Tierleid zu vermeiden. 

Ich wünsche allen Alpinistinnen und Alpinisten viele eindrückliche Anblicke von agilem und ausdauerndem Kletterer, dem Gamswild in unserer schönen Bergwelt, verbunden mit dem Zusatzwissen aus diesem Beschrieb über das Gamswild.


Felix Eberhard
Kantonaler Hegeobmann
Patentjägerverein AR

Den gesamten Bericht als PDF-Version finden Sie ab Seite 10 hier: Gamswild Clubnachrichten 202302 SAC SAENTIS